Life is a Magnificent Dream (2022-2023)
Die Ästhetik ist nicht das süße Gift zur Verschleierung der Welt, nicht das Narkotikum, das den Schrecken unsichtbar macht, sondern der Versuch einer präzisen Methodik, Realität in ihrer Ganzheit zu erfassen.
Unbestimmtes Land (2012 - 2016)
Aus zunächst gegenstandslosen Bildräumen, einem „Spiel von scheinbarem Nichts und Materie“ (Kurzemann), entwickelt Pümpel ab 2012 Arbeiten, in denen sich quasi zufällig Materie verdichtet, ablagert und sammelt. Diese nunmehr deutlicher strukturierten Bildwelten erinnern an Atmosphäre und Landschaft, mit manchmal klaren und manchmal diffusen Horizonten. Jedenfalls aber ist nicht entschieden, ob dieses Land ein flüssiges, gasförmiges oder festes ist. Das Bild von einem Land, das sich nicht in einer bestimmten Gegend festmachen lässt, dem eine konkrete Zuordnung fehlt.
Fog and Haze (2014 - 2016)
So läuft diese Wissenschaft, die mich alles lehren sollte, schließlich auf eine
Hypothese hinaus, die Klarheit taucht in einer Metapher unter, die Ungewissheit
stellt sich als ein Kunstwerk heraus.
(Albert Camus)
Scientific Disaster (2008 - 2012)
...Angesichts des unfassbaren menschlichen Leids durch die apokalyptische Atombombe - sinnfällig durch die mit gestischen Pinselstrichen leer gefegte Bildfläche - scheint die Idee eines guten Gottes radikal infrage gestellt.
(Wolfgang Ölz 2016)
Sedan Crater Project (2008 - 2018)
Die negativen Vulkankegel in Norbert Pümpels Kunstprojekt sind jedoch mehr als nur Löcher im Erdboden. Es sind die Narben, die der Gebrauch des atomaren Wissens in der Welt hinterlassen hat: die Abgründe, die sich auftun, wenn Warnungen in den Wind geschlagen werden.
(Harald Kimpel 2020)
Über Schrödinger und Wittgenstein (2005 - 2008)
Wie eine Kunst sich mit ihren Aussagen den Wahrscheinlichkeitsbehauptungen und Unschärferelationen als naturwissenschaftliche Annäherungsweisen anschließt und sich die Vorstellungen der Physik über Materie und Energie, über Raum und Zeit als Basis visueller Aussagen zu eigen macht, wird auch deutlich in drei Arbeiten auf Papier aus dem Jahr 2006, die im Zeichen des Totenkopfes Zeitlichkeit und Endlichkeit thematisieren. Mit Blick auf das Paradoxon von „Schrödingers Katze“ wird hier der Frage nach dem „zwielichtigen Tatbestand des Lebens“ (Hermann Melville) nachgegangen. Während in den Gevierten der Bilder physikalische Ereignisräume angedeutet werden, tragen sie im unteren Teil den Totenkopf als Abbreviatur einer von zwei einander ausschließender Möglichkeiten. Die Relation von Leben und Nichtleben unterliegt wie in Schrödingers Theorie also auch in Norbert Pümpels Werk einer besonderen Kategorie von Unbestimmtheit: einer „bestimmten Unbestimmtheit“[i], die als „eine komplementäre Form der Bestimmtheit“ gesehen werden muss, „nicht im Sinne einer des Dunklen, Rätselhaften, Unentscheidbaren, sondern als noch unerforschte Genauigkeit“.
(Harald Kimpel, Hamlet Syndrom: Schädelstätten, Marburg 2011)
Die Aschenbilder | Über Hiroshima und Nagasaki (1990)
..Während On Kawara mit seinen „Date Pictures“ vom individuellen Überleben
Zeugnis ablegt, dokumentieren N. Pümpels gemalte Daten
das kollektive Gegenteil
(Harald Kimpel).
Beckett Zyklen (1987 - 1988)
Wir finden doch immer was, um uns einzureden, daß wir existieren, nicht wahr, Didi?
(Estragon zu Vladimir in Samuel Becketts Warten auf Godot)
Wahrscheinliche Aussage zu einem Guernica des späten 20. Jahrhunderts (1982)
Als N. Pümpel 1982 unter dem Titel „Wahrscheinliche Aussage zu einem Guernica des späten 20. Jahrhunderts“ ein unendliches Panorama der Entropie entfaltete, war für seine weitere künstlerische Arbeit ein End- und Ausgangspunkt zugleich gegeben. So total hatte der Künstler mit seiner radikalen Aussage über die möglichen Folgen von Praxis gewordener Theorie das Sichtbare beseitigt, so grundlegend bei der Gestaltung der Gestaltlosigkeit jede Form vernichtet, dass nach Abbildung des unwiderruflichen Chaoszustands nichts Abbildbares mehr übriggeblieben war. Das Gerüst der Materie selbst war hier geborsten, um ein für allemal in universale Unordnung aufgegangen zu sein. Zu einem biographisch frühen Zeitpunkt also hatte der Künstler mit seinen Ansichten des Nichts sich in eine Extremposition gesetzt. vor deren Exponiertheit jede Form einer konstruktiven Weiterarbeit zutiefst in Frage gestellt sein musste. Hatte sich z. B. Robert Morris, als er sich während der 80er Jahre des Themas der atomaren Dekomposition annahm, damit begnügt, in den Reliefrahmen zu seinen Katastrophenbildern die Erscheinungsform der realen Objektwelt zu fragmentieren und den erstarrten Mahlstrom der fossilen Natur- und Kulturpartikel zu stratifizieren, um sich damit die Voraussetzungen für die Anwendung gegenständlicher Abbildungsverfahren zu erhalten, hatte dagegen N. Pümpel sich dieses Werkzeug konsequent zerbrochen. Indem er die zu Ende gedachte Katastrophe ausmalte, hatte er bewusst sich aller Bildgegenstände und mimetischer Methoden entledigt und den Rückweg zu traditionellen Formen des Wirklichkeitsbezugs verstellt. Nachdem so die konventionellen Positionen ästhetischer Weltaneignung spurlos im Wärmetod der Kunstmittel aufgelöst worden waren, konnte allein ein elementares Zeichensystem von äußerster Reduziertheit praktikabel bleiben: Echos der Auslöschung, Chiffren des Nichts.
(Harald Kimpel Die Schwerkraft der Bilder N. Pümpels kreativer Beitrag zur Theorie der unterlassenen Praxis in: Katalog N. Pümpel 238,0289 Landeck, Wien 1990)
Pümpel greift im vorliegenden Werk das Format von Picassos „Guernica“ auf und teilt dieses in 24 gleichförmige Bildfelder, die sich wie ein Raster über Picassos Hauptwerk von 1937 legen. Mit Bleistifthieben übersäte Flächen von unterschiedlicher Dichte und Struktur werden zu Echos der Auslöschung oder Chiffren des Nichts, wie Harald Kimpel 1984 dazu schreibt. Pümpel entwickelt in diesen Feldern unterschiedliche Stimmungslagen, diese verbinden sich mit einer grundsätzlichen Askese des Gesamtkonzepts. Der Künstler erreicht mit dieser Arbeit eine Extremposition seines Schaffens: Er gestaltet die zu Ende gedachte Katastrophe, ein Zustand des Chaos, nachdem nichts mehr abgebildet werden kann. Seine Arbeit wird zu einer hypothetischen Zustandsbeschreibung, ein trostloser Zustand des Nichts, der Auflösung in eine universale Unordnung. Ein gestaltloser Kosmos. Während Picasso noch mit einem Repertoiresymbolischer Formfindung arbeiten kann, wird bei Pümpel der Chaoszustand in seiner visuellen Wahrscheinlichkeitsbehauptung definiert, die sich allen Formen des Wirklichkeitsbezuges entzieht.
(Christoph Bertsch in: Kunst in Tirol, Innsbruck, 2007 S.716)
Er, der Zahlen- und Wissenschaftsgläubige, stand damals ganz unter dem Eindruck der Nuklearforschung und des Kalten Krieges, wohl wissend, was ein Weltkonflikt mit moderner Kriegstechnik auslösen könnte. In einer Zeit, als die Jungen Wilden ihr figuratives Unwesen trieben, reagierte Pümpel mit einem Anti-Bild auf die Bedrohung der Zeit. Picassos berühmtes "Guernica" vor Augen, malte, oder besser zeichnete er dieses weiter und quasi zu Ende, indem er es in ein dichtes System von Zeichen auflöste. Picassos konkrete, bildhafte Anspielungen löste er gleichsam in ein atomares Chaos auf. Formal geschah dies, indem er das Papier mit verlängerten Stiften unkontrolliert malträtierte. Jedes der 24 Blätter übersäte er mit jeweils drei Schichten von gleichsam hinaufgetrommelten, stakkatoartig gesetzten Strichen. Aus künstlerischer Sicht bewegte er sich außerhalb der Zeit, denn er verweigerte sich radikal den damals gültigen figurativen Trends.
(Karlheinz Pichler, Kultur 25.9.2014)